Die drei Teenager Anton, Jonas und Basti sind die Band 1000 Robota. Trotz Presse-Hypes müssen sie ihren Weg zwischen Schule und Musikbusiness finden. Künstlerische Differenzen mit ihrem Plattenlabel und ein ernüchternder Bandalltag führen bei den Jungs zu Zweifeln und Frust. Das sie umgebende System bringt immer wieder die Frage auf: Gibt es in einer wirtschaftlich ausgerichteten Gesellschaft überhaupt eine Nische für Ideale und eine freie Kunstproduktion?
»Utopia Ltd.« begleitet 1000 Robota auf ihrer Achterbahnfahrt durch eine drückende Kulturindustrie und die eigene Sinn- und Selbstfindung. Die Nähe, die die Filmemacherin Sandra Trostel in ihrem Debütfilm zu den jungen Bandmitgliedern aufbaut, und die provokanten und erfrischenden Ansichten von Frontmann Anton Spielmann machen den Film zu einem echten und fühlbaren Zeitgeist-Porträt.
Regisseurin Sandra Trostel begleitete die damals noch recht unbekannte Band 1000 Robota drei Jahre lang mit der Kamera. Ihre Vision, diese ungebeugten, kämpferischen Jugendlichen zu begleiten, und womöglich Zeuge von etwas Einzigartigem, einem kreativen Prozess zu werden, verfolgte sie in absoluter Eigenregie – zunächst ohne finanzielle Absicherung durch TV-Sender oder Förderanstalten, immer ohne redaktionelle Eingriffe. Ihr Lohn war ein tiefer Einblick in das Innenleben der Teenager und vor allem den Kern des Musikbusiness, in dem die sensiblen kreativen Kräfte ihrer Protagonisten mit denen ökonomischer Zwänge aufeinanderprallen.
»Utopia Ltd.« wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung mit dem »Prädikat wertvoll« ausgezeichnet. Die Band 1000 Robota hat mittlerweile zwei Alben veröffentlicht. Ihre Stilrichtung lässt sich als New Wave Punk bezeichnen.
»Das Musikbusiness fickt meine Seele.« (Anton Spielmann 1000 Robota)
(Rapid Eye Movies)
Anton Spielmann (18) und seine Freunde Basti Muxfeldt (17) und Jonas Hinnerkort (17) leben mit ihren Eltern in Einfamilienhäusern in einer dörflichen Idylle bei Hamburg, wo Basti und Jonas auch zur Schule gehen. Gemeinsam haben die drei die Band 1000 Robota gegründet. Schon nach ein paar Monaten können 1000 Robota mit dem kleinen Hamburger Label Tapete Records einen Plattenvertrag abschließen.
Die Band hat viel vor: »Wir wollen Entstehung verursachen und nicht erinnern«, und sie wollen ihre Ideale leben. In einer von ökonomischem Druck geprägten Gesellschaft stellen 1000 Robota sich selbst und andere infrage. Sie wollen sich nicht einfügen lassen in das, was von ihnen erwartet wird.
In einer von Überangeboten überfluteten Welt streben sie nach Wertigkeit und wollen sich mit anderen in einer neuen Jugendkultur zusammenschließen. Doch bald treten erste Probleme auf: Die Plattenaufnahmen gestalten sich schwieriger als erwartet. Es kommt zum Streit mit dem Label über das Klangbild und dessen Verkäuflichkeit.
Obwohl die Presse voll ist von ihnen, ist ihre erste größere Tour schlecht besucht. Obwohl die Londoner In-Crowd zu ihren Konzerten pilgert, reicht die Gage kaum für die Jugendherberge. Und obwohl sie von Stefan Raab zum Bundesvision Song Contest eingeladen sind, sind die Verkaufszahlen der Platte nur mäßig. Gebeutelt von den widrigen Umständen und der Kluft zwischen Alltag und Medienpräsentation wird ihr Enthusiasmus auf harte Proben gestellt.
Während 1000 Robota zwischen Schule und Konzerten pendeln, müssen sie sich darüber klar werden, dass es schwierig ist, den Erwartungen der Plattenfirma, ihrer Eltern und den eigenen Träumen gerecht zu werden. Sind ihre Ideale nur Nostalgie?
»Utopia Ltd.« zeigt die gesellschaftlichen Bedingungen der Kunstproduktion in einer Zeit, in der die Allgegenwart der medial stilisierten Selbstinszenierung die subkulturellen Abgrenzungsstrategien des zwanzigsten Jahrhunderts weitgehend absorbiert hat.
(Rapid Eye Movies)
Darstellung der gesellschaftlichen Bedingungen innerhalb der Kunstproduktion der Gegenwart anhand der Band 1000 Robota ...
»Wir wollen entstehen und Entstehung bewirken und nicht erinnern!« Das ist das Motto der Punkrockband 1000 Robota, die sich aufmacht, die Musikwelt zu erobern. Es ist zwei Jahre her, als lokale und überregionale Medien eben diese Band als DIE Newcomer in der Indie-Szene feierten.
Der Film von Sandra Trostel begleitet die drei jungen Nachwuchskünstler auf ihrem Weg in die Realität des Musikgeschäfts, wo es neben Erfolgen auch immer wieder Enttäuschung und Frustration hagelt. Der charismatische Sänger und Gitarrist Anton – arrogant und zielstrebig – will von all dem Trubel der Medien nichts wissen, er kämpft lieber wie ein guter alter Punker gegen das Establishment.
Die Regisseurin zeigt sich als exzellente Beobachterin, die den Jungs immer in ihren Aktionen folgt, doch ihre Naivität und jugendliche Unerfahrenheit nie bloßstellt. Man bekommt einen Hype zu spüren, der ja doch nur ein medialer war, erfährt so viel mehr über das gegenwärtige Musikbusiness als »nur« über eine Band. Ein Glücksgriff unter den Musikdokumentationen!
Prädikat: »Wertvoll«. FBW-Jurybegründung:
Im Grunde ist diese Dokumentation ein Glücksfall. Denn mit der zu Beginn der Dokumentation noch unbekannten Schülerband »1000 Robota« hat die Filmemacherin ins Schwarze getroffen. Binnen kürzester Zeit bekommt die Band einen Plattenvertrag, nimmt ein erstes Album auf und wird von den Medien gehypt – ohne dass sich das auf ihrer Tour in Besucherzahlen irgendwie bemerkbar machen würde. Zum Schluss scheitert die Band daran, dass die einzelnen Mitglieder dem Musikgeschäft intellektuell noch nicht gewachsen sind und ihnen die Pose als Ausrede für das eigene Scheitern genügt.
Die Blicke hinter die Kulissen des Musikbusiness sind für Außenstehende informativ, Anton Spielmann und Jonas Hinnerkort bilden zwei intellektuelle Gegenpole, zwischen denen Sebastian Muxfeldt immer wieder verschwindet. Immer wieder wird die Pose bemüht, wenn die Band einmal mehr gescheitert ist, die Fähigkeit zur Einsicht eigener Fehler ist nur ansatzweise vorhanden, was durch Antons Monologe und Band-Interviewmitschnitte sehr gut dargestellt wird.
Auch wenn die gesichtete Fassung noch nicht final ist und mit 100 Minuten deutlich zu lang geraten ist, so zählt diese Langzeitdokumentation zu den geglückten Musikdokumentationen, da sie die (Nicht-)Karriere der drei Musiker ohne externe Experteninterviews unkommentiert begleitet und die Aktionen durch die einzelnen Bandmitglieder selbst kommentieren und interpretieren lässt.
Bis auf die eingestreute Clipästhetik einzelner Konzertmitschnitte ist diese Dokumentation konzeptionell gelungen und mit noch stringenterer Materialauswahl auch noch so zu verdichten, dass der Zuschauer die komplette Laufzeit bei der Stange gehalten werden kann.
(FBW – Deutsche Film- und Medienbewertung, Wiesbaden)
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