Die Geschichte einer alles wagenden Liebe. Ein historisches Drama vor den Flächenbränden Europas.
Es gibt keine Untergänge – nur Übergänge. Unter diesem Credo erlebt die junge, künstlerisch hochbegabte Oda von Siering das Ende einer Epoche: Im Sommer 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, steht der Zerfall des deutsch geprägten, zum russischen Kaiserreich gehörenden Baltikums unmittelbar bevor. Ein Zerfall, der Odas Leben, ihre aristokratische Familie und alle Gewissheiten bedroht – und der sie dennoch zu ihrem Glück zwingt. Die Begegnung mit einem estnischen Anarchisten und Schriftsteller wird Odas Schicksal bestimmen.
Nach dem internationalen Erfolg von »Vier Minuten« ist »Poll« den lange erwarteten neue Film von Chris Kraus, großartig besetzt mit Edgar Selge, Jeanette Hain, Richy Müller, Tambet Tuisk und der Neuentdeckung Paula Beer, die in der Rolle der in die Fußstapfen von Hannah Herzsprung tritt und eine ähnlich eindringliche Performance liefert wie diese in »Vier Minuten«.
(Piffl Medien)
Die Geschichte eines wagemutigen Mädchens ... Juni 1914. Die 14-jährige Oda von Siering kehrt zu ihrer Familie an die baltische Ostseeküste zurück, eine entlegene Provinz des Zarenreiches, in der Deutsche, Russen und Esten einander misstrauisch belauern.
Oda begleitet die sterblichen Überreste ihrer Mutter, mit der sie bis zu deren Tod in Berlin lebte. Auf Poll, dem Gut der adeligen deutsch-baltischen Familie, trifft das temperamentvolle und etwas altkluge Mädchen auf eine Gesellschaft, die inmitten eines porösen Idylls ihrem Zusammenbruch entgegengeht.
Ihr Vater Ebbo, ein verschrobener Arzt und Hirnforscher, widmet sich fanatisch seinen von der akademischen Lehre missachteten Studien; ihre somnambule Tante Milla ist in eine Affäre mit dem schroffen Verwalter Mechmershausen verstrickt; Cousin Paul, junger Kadett der russischen Armee, macht der herablassenden Verwandten ungeschickt den Hof.
Als Oda zufällig einen von zaristischen Truppen schwer verwundeten estnischen Anarchisten in einem verlassenen Nebengebäude findet, entscheidet sie aus einem romantischen Impuls heraus, ihm zu helfen. Obwohl die Entdeckung des namenlosen Verletzten, der sich nur »Schnaps« nennt, dramatische Konsequenzen für ihre Angehörigen und sie selbst haben könnte, verbirgt sie ihn mitten auf dem Gut Poll, um ihn heimlich gesund zu pflegen.
Wann immer sie es es einrichten kann, flieht sie aus der erdrückenden Enge des Familienlebens zu diesem so ganz anderen Mann, einem geflohenen Sträfling und verbotenen Autor, der all ihr kindliches Sehnen nach einem Leben voll Romantik und Gefahr befeuert. Doch »Schnaps« plant, das Gut Poll so schnell wie möglich wieder zu verlassen.
Allerdings rechnet er nicht mit der Glut und Wucht der Gefühle einer leidenschaftlichen Halbwüchsigen, die mit ihrer ganzen Welt brechen möchte, bevor die Welt sie bricht. In der Hitze des estnischen Sommers spitzen sich die Konflikte auf dem Gut Poll unausweichlich zu, bis es um nichts weniger geht als um Leben und Tod.
(Piffl Medien)
»Poll« basiert lose auf den Memoiren der Berliner Autorin Oda Schaefer (1900-1988), in denen sie ihren Kindheitsbesuch in der russischen Ostseeprovinz Estland kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges schildert. Die wechselhafte Geschichte dieses Landes ist heute kaum noch bekannt: Deutsche Kreuzritter hatten im Mittelalter weite Teile des Baltikums erobert, gerieten aber schließlich selbst unter die Hegemonie des Zarenreiches. Anfang des 20. Jahrhunderts übte die russische Regierung immer stärkeren Druck auf die Deutschbalten aus, denen ihre Privilegien, ihre Kultur und ihre Vorherrschaft über die unterjochten Esten genommen wurde. 1939 wurden die letzten Deutschbalten ins »Dritte Reich« umgesiedelt.
Der Regisseur Chris Kraus schlägt ein fast vergessenes, faszinierendes Kapitel der europäischen Geschichte auf, vor dessen Hintergrund die leitsternhafte Liebe einer einst bekannten, heute weitgehend vergessenen Schriftstellerin aufleuchtet.
Nach 14 Jahren Entwicklungszeit und drei Jahren Produktionsvorbereitung wurde »Poll« im Sommer 2009 in einem estnischen Naturschutzgebiet fernab aller Zivilisation realisiert. Der Hauptdrehort, das im Stile von Palladio entworfene Herrenhaus, wurde in sechsmonatiger Bauzeit auf Stelzen ins Meer gesetzt.
Insgesamt über 1000 Komparsen, Hunderte von Kostümen, 150 Teammitglieder aus halb Europa und eine ganze Flotte an Baumaterialien mussten in die Wildnis einer südestnischen Küstenlandschaft verbracht werden. Die enormen logistischen Probleme und die damit verbundenen Produktionsherausforderungen konnten nur bewältigt werden, da insgesamt 24 nationale und internationale Fernsehredaktionen und Filmförderer als Partner gewonnen werden konnten.
(Piffl Medien)
Die 14jährige Oda kommt kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf das abgelegene Hofgut ihres Vaters in Estland. Während sich das Familienoberhaupt immer mehr in seine medizinischen Forschungen an Toten hineinsteigert und mit den Russen sympathisiert, freundet sich Oda mit einem estnischen Anarchisten an, den sie versteckthält und dem sie helfen will. Der ganzen Familie wird klar: Nach diesem Sommer wird die Welt für alle Beteiligten eine andere sein.
Chris Kraus liefert mit diesem historischen Epos ein beeindruckendes Sittengemälde rund um die Figur der Dichterin Oda Schäfer, die eine der bekanntesten Dichterinnen ihrer Zeit war. Die Kameraarbeit von Daniela Knapp ist herausragend und setzt das imposante Dekor auf eine schon fast malerische Art in Szene.
Die junge Darstellerin der Oda, Paula Beer, ist eine wahre Entdeckung und spielt natürlich und mitreißend. Beigeordnete Handlungsstränge ergänzen den zentralen Konflikt rund um die Hauptfigur und werden durch eine stringent durchdachte Dramaturgie gekonnt miteinander verflochten. Eine mutig inszenierte zwischenmenschliche Tragödie von großer künstlerischer Kraft.
Prädikat: »Besonders wertvoll«. FBW-Jurybegründung:
Oda, ein junges Mädchen, begleitet den Sarg ihrer Mutter von Berlin nach Estland, wo ihr Vater lebt. Er ist Forscher, hat sich der Wissenschaft verschrieben und experimentiert in seinem Labor mit Leichen, die er den aufständischen russischen Anarchisten abkauft. Seine Frau, die ihn mit dem Gutsverwalter hintergeht, langweilt sich an seiner Seite.
Die Dienerschaft verhält sich latent feindselig gegenüber den aristokratischen Gutsbesitzern und zusätzlich wird ein Regiment berittener Soldaten auf dem Gut einquartiert. In dieser Wirklichkeit muss sich Oda zurechtfinden und fühlt sich ganz und gar nicht wohl. Da scheint es für ihre Wissbegier und Neugier, ihr Vater nennt es ihren »männlichen Geist«, gerade recht zu kommen, dass sie im Strandhaus auf einen jungen Anarchisten trifft, der sich schwer verletzt dort versteckt hat und den sie pflegt und mit Lebensmitteln versorgt.
Die hauptsächlich aus der Perspektive Odas erzählte, sorgfältig konstruierte Geschichte lässt das Sterben einer gesellschaftlichen Schicht deutlich werden, die in ihrer Unbeweglichkeit fremd wirkt, aber gleichzeitig die menschliche Dimension erlebbar werden lässt.
Die Gesellschaft, die hier versammelt ist, scheint eine Endzeitstimmung zu verkörpern. Auch die junge Oda befindet sich, durch den Tod ihrer Mutter und die fremde, fast feindselige Atmosphäre, in der sie nun lebt, in ständiger Anspannung, aber gleichermaßen auch in Melancholie. Diese widersprüchliche Haltung wird von der junge Schauspielerin Paula Beer perfekt verkörpert. In ihrer glaubwürdigen Darstellung finden sich analytische Neugier, aber auch die naive Radikalität einer Vierzehnjährigen ebenso wie schwärmerische Hingabe und Koketterie.
Kamera und Schnitt arbeiten subtil genug, jeder Szene ihr Geheimnis zu lassen. Es entsteht der Bilderbogen einer fernen, fremden, untergehenden Epoche überaus glaubwürdig, dabei distanziert in der Betrachtung der Situation, dennoch opulent, farbig und tragisch. Die Inszenierung präsentiert eine große Geschichte, niemals kitschig, mit großem, dem Anlass angemessenem Pathos.
»Besser kann man Tragik nicht inszenieren»darin war sich die Jury in der Mehrheit einig. Der Schnitt trägt dazu bei, dass anrührende, poetische Momente entstehen. Das Pathos das die Epoche prägte, wird spürbar, ohne dem Film eine politische Färbung zu geben. Als großer Ausstattungsfilm zeigt er ein production value, das nur selten bei einer Produktion dieser Größenordnung erreicht wird. Die Nebenstränge der Handlung sind gut eingebunden und machen die Beziehungen zwischen den Personen deutlich.
Die Jury war sich überwiegend darin einig, dass hier ein großes Sittengemälde entstanden ist, das die Verhältnisse der damaligen Epoche in ihrer Tragik mit angemessen künstlerischen Mitteln darstellt. Der Einwand, dass die Liebesgeschichte nicht emotional eindeutiger inszeniert wurde, schränkt die Qualität des Films nicht ein, sondern kann auch als Stärke gesehen werden. Daher sprach sich die Jury für das Prädikat besonders wertvoll aus.
(FBW – Deutsche Film- und Medienbewertung, Wiesbaden)
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