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Die Frage nach der Identität der Türkei zwischen Islamismus und »Verwestlichung« steht im Zentrum von Orhan Pamuks neuem Roman »Schnee«: In der türkischen Provinzstadt Kars soll ein Fremder mehrere Selbstmorde von Mädchen untersuchen, die man zwang, das Kopftuch abzulegen. (buchreport.de)
Ein Fremder kommt nach Kars, eine türkische Provinzstadt, um eine merkwürdige Serie von Selbstmorden zu untersuchen: Junge Mädchen haben sich umgebracht, weil man sie zwang, das Kopftuch abzulegen. Plötzlich kommt es zu einem Putsch, inszeniert von einem Schauspieler. Ein Theatercoup? Doch es fließt echtes Blut, es intervenieren echte Soldaten, keiner kann die Stadt verlassen, weil es unaufhörlich schneit ... »Schnee« ist ein aktueller Roman, in dessen Zentrum die Frage nach der Identität der Türkei zwischen »Verwestlichung« und Islamismus steht. (Hanser Verlag)
Orhan Pamuk gilt als einer der bedeutendsten Prosaautoren der heutigen Türkei. Mit Büchern wie »Das neue Leben«, »Die weiße Festung«, »Das schwarze Buch« oder »Rot ist mein Name« wurde er einem breiten Publikum auch hierzulande bekannt. Dabei hat sich Pamuk in seinen Romanen immer auch als politischer Grenzgänger zwischen den Welten hervorgetan, der in der Großstadt die Gegensätze einer moslemisch geprägten, eher ländlichen Tradition mit den neuen Gegebenheiten einer westlich-urbanen Weltsicht aufeinanderprallen ließ.
Auch »Schnee« lebt von diesem Pendeln zwischen Tradition und Moderne – auch wenn der türkische Autor seinen Helden diesmal in die Provinz verbannt, um ihn ein paar rätselhafte Selbstmorde aufklären zu lassen. Im türkischen Städtchen Kars nämlich wählten einige junge Frauen den Freitod, weil sie ihr Kopftuch nicht mehr tragen durften. Plötzlich ruft ein Schauspieler zur Revolution auf, tatsächlich kommt es zum Aufstand – und niemand kann Kars verlassen, da es unaufhörlich weiterschneit ...
Natürlich ist »Schnee« mehr als eine literarische Auseinandersetzung mit der aktuellen Kopftuchdebatte – auch wenn das Buch (ganz bewusst) einen wichtigen Beitrag liefert zum Verständnis einer uns immer noch sehr fremd erscheinenden Kultur, die wohl bald zur Europäischen Gemeinschaft gehören wird. Und »Schnee« ist auch mehr als ein klassischer Krimi – auch wenn er gekonnt mit dessen Elementen spielt. Schnee ist vor allem ein großer, atmosphärisch dichter Roman über ein Volk zwischen Religion und Verwestlichung, der beste vielleicht, der bisher von Pamuk ins Deutsche übersetzt worden ist. Wer Pamuk bisher noch nicht für sich entdeckt hat, der sollte es jetzt schnellstens tun.
(Isa Gerck, Amazon)
Orhan Pamuk, 1952 in Istanbul geboren, studierte Architektur und Journalismus und lebte mehrere Jahre in New York. Für seine Romane erhielt er 1990 den »Independent Foreign Fiction Award«, 1991 den »Prix de la découverte européene«, 2005 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2006 den Nobelpreis für Literatur. Der in seiner Heimat umstrittene Autor ist der erste türkische Schriftsteller, der die renommierte Auszeichnung erhält. Das Nobelpreiskomittee lobte seine Vermittlerrolle zwischen Orient und Okzident. 2006 erhielt Orhan Pamuk die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin und 2007 wurde er mit der Ehrendoktorwürde der Bosporus Universität in Istanbul ausgezeichnet. Der Schriftsteller lebt in Istanbul. (Der Hörverlag)
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