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Irgendwas läuft schief bei Simon, aber gründlich. Die richtige Frau steht zum falschen Zeitpunkt vor der Saunatür. In den eigenen vier Wänden drohen kroatische Übersprungshandlungen, im Fitnessstudio lauert Killerschwuchtel Popeye, in der persischen Cocktailbar sitzen Pulp-Fiction-Luftfahrthasen und im Spanischkurs zwei Hackfressen mit Betonpullovern. Aus einem Tag am Meer werden zwei Minuten im Separee der horizontalen Verkeilungen. Da helfen weder Paula-Tipps noch Schlemmerfilets. Und wenn man sich am Ende auch noch so richtig »versimst«, dann steht plötzlich ein kleiner Mann mit einem großen Bierkasten vor der Tür. (Scherz Verlag)
Ärger mit dem Singlesessel: Simon liebt die Frauen, leider gibt es kaum einen Menschen, der das schöne Geschlecht weniger versteht als der erfolglose T-Com-Verkäufer. Ob es um die schöne Verkäuferin im Coffeeshop gegenüber oder seine eulenhafte Chefin geht, Simon ist ein Meister darin, die Zeichen falsch zu deuten. Und das führt zu Verwicklungen, die tragisch wären, wenn sie nicht so brüllend komisch wären ... Der besondere Reiz von »Vollidiot« liegt dabei in seiner schnoddrigen Sprache. (literature.de)
Es gibt Bücher, da muss man während der Lektüre alle paar Sekunden lachen, fühlt sich prächtig unterhalten – und hat die Handlung doch nach kurzer Zeit völlig vergessen. Was kein Einwand sein muss, sondern vielmehr eine Art Genre beschreibt, das man in Anlehnung an das Kino als Popcorn-Literatur bezeichnen könnte: Temporeich erzählt und schnell konsumierbar, spekuliert diese Art von Unterhaltungs-Literatur von Anfang an auf ihre Verfilmbarkeit. Else Buschheuers »Ruf! Mich! An!« ist so ein Fall, oder auch Benjamin von Stuckrad-Barres »Soloalbum«. Mit scharfsinnigen Beobachtungen gespickt und hart am Zeitgeist segelnd, kreisen diese Romane gern um die existenziellen, aber irgendwie auch nichtigen Nöte notorischer Single-Existenzen. Tommy Jauds »Vollidiot« passt prima in die Reihe.
Simon Peters, Verkäufer in einem T-Punkt-Laden, steht kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag. Seit seine Freundin ihn verlassen hat, ist er etwas von der Rolle. Weder im Club-Urlaub noch im Kölner Tag-und-Nacht-Leben findet er sexuelle Erfüllung. Und bei Ikea sind nur Pärchen unterwegs. Als er sich endlich ein Herz fasst und die traumhafte Tresenkraft aus dem Starbucks gegenüber anspricht, fühlt er sich »wie ein Ossi beim ersten McDonalds-Besuch, drei Minuten nachdem die Mauer gefallen ist.« Natürlich geht der Annäherungsversuch schief, denn Auge in Auge mit der Angebeteten bringt Simon kein Wort heraus: »ein Reh im Fernlicht eines Gurkenlasters.«
Zum Glück gibt es aber Paula. Die ist mit allen Beziehungswassern gewaschen und hat den perfekten Paula-Plan parat, mit dem Simon die Milchschaum-Fachkraft todsicher klarmacht. Dummerweise vermasselt Simon den Plan, weil er sich am Tag X aus seiner Wohnung aussperrt. Zum Glück hat seine kroatische Putzfrau Lala einen Ersatzschlüssel.
Wie in den meisten Single-Romanen geht es auch bei Tommy Jauds »Vollidiot« darum, dass der egozentrische Held ein paar Sachen über sich kapiert: nämlich, dass er sich wie ein Trottel durch die Welt bewegt. Eine richtige Entwicklung macht er freilich nicht durch. Und wie Sven Regeners Herr Lehmann endet auch Vollidiot mit dem dreißigsten Geburtstag des Protagonisten. Nur dass bei Jaud am Schluss nicht die Berliner Mauer fällt, sondern der Ikea-Sessel Jennylund in Rauch und Asche aufgeht.
Tommy Jaud, Comedy-Autor aus Köln, weiß, wie man Pointen setzt, mit Klischees spielt und den Leser bei Laune hält. Der Zwang zum Originellen ist vermutlich berufsbedingt. (»Dörte? Klingt wie ein widerlicher Bio-Brotaufstrich. So einer, den sich frustrierte Realschullehrer auf ihr Dinkel-Bananenbrot streichen, bevor sie in ihren asbestverseuchten Klassenzimmern verpickelte Teenager mit binomischen Formeln zu Tode langweilen.«) Mögen die Lacher auch gekonnt vorprogrammiert sein, echtes Interesse bringt Tommy Jaud seinem Helden nicht entgegen.
(Axel Henrici, Amazon)
Tommy Jaud wurde am 16. Juli 1970 im fränkischen Schweinfurt geboren. An Tommys erstem Geburtstag starb in Florida Fernseh-Delfin Flipper an Herzversagen. Nach dem Abitur war Tommy Jaud Zivi im Kindergarten (Bienengruppe), mittlerweile lebt er als freier Autor in Köln. Er schreibt und entwickelt Comedy-Formate, hat für die »Harald Schmidt Show« sowie die »Freitag Nacht News« gearbeitet, wurde Headwriter für die Sat1-»Wochenshow« und Creative Producer von Anke Engelkes mehrfach ausgezeichneter Kultsendung »Ladykracher«.
Zuletzt hat er Regisseur Tobi Baumann als Script Consultant beim Kinoerfolg »Der Wixxer« beraten, hat ganz allein zu Hause die Drehbücher zur Sat1-Comedy »Liebesleben« (läuft ab Herbst 2005) geschrieben, für das Magazin »bücher« den IKEA-Katalog rezensiert, einen Spanisch-Kurs (Mittelstufe) belegt und am Drehbuch für die »Vollidiot«-Verfilmung gearbeitet.
Das Erfolgsdebüt »Vollidiot« stand mehrere Monate lang auf den Bestsellerlisten und im Schaufenster der Buchhandlung Witzelsburger (Limburg an der Lahn). Inzwischen sind auch Tommy Jauds Nachfolgeromane »Resturlaub – Das Zweitbuch« und »Millionär« erschienen. (Scherz Verlag)
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