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»Wer zu oft mit Popcorn und Vanilla Fudge gefüttert worden ist, bekommt schließlich Appetit auf Schwarzbrot. Write German! Nothing beats it.« (Wolf Schneider)
Haben wir das wirklich nötig – diese Anglo-Manie? Diese Flut von englischen Wörtern und Wendungen, mit denen uns Werber, Unternehmen und Medien nun seit Jahren überschwemmen? Wäre weniger nicht mehr? Und ob, sagt Wolf Schneider und fordert mit vielen guten Gründen zur Mäßigung auf. Sein Buch »Speak German!« ist eine entschiedene Liebeserklärung an unsere Muttersprache – gedacht für alle, denen sie nicht egal ist. (Rowohlt Verlag)
Wo befinden wir uns, wenn der Human Resources Manager den City Call auf seinem Handy beendet und am Service Point nach dem Rail & Fly-Ticket fragt? Klar: In Deutschland natürlich.
Haben wir das wirklich nötig: all diese Anglizismen? Wäre weniger nicht mehr? Ja, sagt Wolf Schneider. Zumal rund 60 Prozent der Deutschen gar kein Englisch können. »Underdog«?; – Ist das nicht ein Unterrock? So jedenfalls eine Antwort in einer repräsentativen Umfrage. »Drop-out«?; – Wahrscheinlich ein Bonbonautomat. »Patchwork«?; – Sicher eine Fliegenklatsche.
Vor zwei Jahren hat Wolf Schneider die Aktion »Lebendiges Deutsch« mit begründet, um das Deutsche mit frischen Worten zu beleben: Startuhr statt Countdown, Schnellkost statt Fastfood, Aktionärsnutzen statt Shareholder-Value.
Mit gewohnter Leichtigkeit und Klarheit wendet sich Wolf Schneider in seinem Buch »Speak German!« gegen die grassierende Anglo-Manie, gegen die Affenliebe zum Englischen – und nur gegen sie: Es ist eine Aufforderung, das Nützliche vom Übertriebenen und Sinnlosen zu scheiden. Müssen wir es denn den Sprüchemachern der Werbung und ein paar globalisierungs-besoffenen Unternehmen überlassen, wie die deutsche Sprache sich entwickelt? Entwickeln wir mit!
Das Buch »Speak German!« von Wolf Schneider ist eine entschiedene Liebeserklärung an unsere Muttersprache – gedacht für alle, denen sie nicht egal ist.
(Rowohlt Verlag)
Neu sind sie nicht die Kassandrarufe, die angesichts der Anglizismen-Flut das Ende des (deutschsprachigen) Abendlandes voraussagen. Wolf Schneider kann jedoch für sich in Anspruch nehmen, das eleganteste, originellste und amüsanteste Plädoyer verfasst zu haben – für ein bisschen weniger Service Point, Anti-Aging und Customer Relationship.
Wolf Schneider, das journalistische Urgestein, kennt die Argumente der Verfechter einer »lebendigen« Sprache, die schon immer Begriffe aus anderen Sprachen aufgenommen und integriert habe. Doch geht es Schneider und seiner Aktion »Lebendiges Deutsch« nicht darum, eine Wagenburg-Mentalität zu etablieren. Sein Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass 60 Prozent der Deutschen überhaupt kein Englisch verstehen und nur 10 Prozent sich sicher in dieser Sprache bewegen können. Dies bedeutet, dass eine Vielzahl der »Slogans« und »Claims«, die über Werbeagenturen und andere Multiplikatoren verbreitet werden, gar nicht oder nur missverständlich ankommen. Die Übersicht von zurückgezogenen Werbesprüchen großer Konzerne gehört dabei zu den komischsten Passagen des Buches. So wurde Mitsubishis Schlagwort »Drive alive« (gemeint war »Lebendiges Fahren«) leider nur von 18 Prozent der Bevölkerung richtig übersetzt; häufige Interpretationen lauteten: »Lebend ankommen« bzw. »Überlebe die Fahrt.« Inzwischen hat das Unternehmen umgeschwenkt auf: »Heute. Morgen. Übermorgen.«
Schneider fordert zu mehr Fantasie auf, zu mehr Mut, Anglizismen, die nicht nur unverständlich, sondern vielfach auch überflüssig oder einfach albern sind, aus dem eigenen Sprachgebrauch zu verbannen und neue deutsche Worte einzuführen. Dazu hat die Aktion »Lebendiges Deutsch« schon etliche Wettbewerbe durchgeführt und Empfehlungen ausgesprochen: So könnte aus Brainstorming leicht »Denkrunde« werden, aus Flatrate »Pauschale« oder aus Cursor »Blinker«. Weniger elegant allerdings lesen sich Begriffe wie »Rufdienst« für Call Center oder »Hingeher« für Event. Auch scheint der Autor streckenweise ein wenig zu streng ans Werk zu gehen, wenn er Wörter wie Kreativität (»Modewort für Phantasie«), Netzwerk (»Netz«) oder Technologie (»Technik«) geißelt. Dafür klagt er im Zuge seiner ausführlicheren Duden-Schelte an, dass Goethes »Fraubaserei« (Schwatzfreudigkeit der Frauenzimmer) in der aktuellen Ausgabe nicht mehr aufgeführt wird.
Wolf Schneider ist als Korrespondent, Chefredakteur, Journalisten-Ausbilder und Buchautor einer der gewandtesten Schreiber in der deutschen und über die deutsche Sprache. Auch wenn er hin und wieder in allzu strengen Rigorismus verfällt, legt er ein insgesamt lehrreiches Buch vor, das sich mindestens so amüsant liest wie Bastian Sicks »Zwiebelfisch-Kolumnen«. Vor allem aber macht der Band Lust mitzumachen: beim Erdenken, Ausspinnen und Herbeifabulieren neuer deutscher Begriffe, die die deutsche Sprache lebendig halten.
(Literaturtest, Amazon)
Wolf Schneider geboren 1925, ist Ausbilder an sechs Journalistenschulen, Kolumnist des »Handelsblatts« und der NZZ und Autor von über 25 Sachbüchern. Er war Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Washington, Verlagsleiter des Stern, Chefredakteur der WELT, Moderator der »NDR-Talk-Show« und 16 Jahre lang Leiter der Hamburger Journalistenschule. 1994 verlieh die Gesellschaft für Deutsche Sprache ihm den »Medienpreis für Sprachkultur«. Seit 2007 ist er Honorarprofessor an der Universität Salzburg. Wolf Schneider lebt in Starnberg. (Rowohlt Verlag)
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