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Neue Frauenverdummung und altes Machotum, Fundamentalismus und Biologismus, Jugendwahn und Diätterror: Mit den Folgen der Emanzipation setzt sich Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer in ihrem Buch »Die Antwort« auseinander und liefert ein engagiertes Plädoyer für gleiche Chancen und Rechte. (buchreport.de)
Die neuen Freiheiten, die Folgen der Emanzipation, sind Herausforderung und Bedrohung zugleich. Sie erfordern neue Antworten. »Die Antwort« auf neue Frauenverdummung und altes Machotum. Auf Fundamentalismus und Biologismus. Auf Jugendwahn und Diätterror. »Die Antwort« ist ein Plädoyer für gleiche Chancen und Rechte. Für Väter mit Kindern und Mütter mit Berufen. Gegen das schlechte Gewissen und für ein selbstverantwortliches Leben.
Alice Schwarzer prägt als Autorin und Aktivistin seit dem Aufbruch der Frauen Anfang der 70er-Jahre den Diskurs und die Praxis der Emanzipation in Deutschland und weit darüber hinaus. Sie ist nicht nur selber ein Stück lebendiger Frauengeschichte, sondern immer wieder auch Vordenkerin und Tabubrecherin. Ob mit ihrer frühen Kritik am islamischen Fundamentalismus oder mit ihrer überraschenden Offenheit für eine konservative Kanzlerin: Immer stehen für sie die Interessen von Frauen im Zentrum.
Jetzt legt Alice Schwarzer, mit der Summe ihrer Erfahrung und der Leidenschaft ihrer Provokationslust, erneut ein Buch vor. 1975 löste sie mit dem »Kleinen Unterschied« einen ersten Emanzipationsschub aus. Ihre »Antwort« auf die Folgen dieser Emanzipation könnte den zweiten Schub auslösen. Denn erstmals in der Geschichte der westlichen Kultur sind Frauen uneingeschränkt gleichberechtigt, zumindest auf dem Papier. Die Welt steht ihnen offen. Dennoch fällt ihnen der Schritt in diese Welt schwer. Sie frösteln im kühlen Wind der Freiheit. Frauen laufen Gefahr, sich in Zeiten der Arbeitslosigkeit in alte Rollen zu flüchten. Und Männer könnten der Versuchung erliegen, die lästigen Konkurrentinnen in die »Rolle der Frau« zurückzuschieben.
Alice Schwarzer fragt, wie es sein kann, dass Frauen und Mädchen sich in einer Welt des Überflusses weghungern. Und dass vom Machtverlust bedrohte und von der Selbstverantwortung überforderte Männer sich in ihrer Sucht nach einfachen Antworten weltweit in religiösen Fundamentalismus oder pseudowissenschaftlichen Biologismus flüchten. Doch sie ist sicher: Die Töchter und Söhne der Emanzipation sind nicht mehr aufzuhalten. Sie haben sich auf den Weg gemacht.
(Verlag Kiepenheuer & Witsch)
Wenn ein Buch Die Antwort betitelt ist, dann fragt man sich für gewöhnlich zunächst, auf welche Frage denn hier wohl eine »Antwort« gegeben werden soll. Bei einem Buch von Alice Schwarzer ist das anders. In diesem Fall nämlich ist die Autorin selbst »die Antwort« – die Antwort auf die vielen Fragen, die sie stellvertretend für ihre Geschlechtsgenossinnen seit Jahrzehnten an die Gesellschaft sowohl stellt als auch – aus der Perspektive der von ihr maßgeblich repräsentierten Frauenbewegung – beantwortet.
Aus den unterschiedlichsten Perspektiven geht es Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer dabei im Kern immer um ein Thema: Die gerechte Verteilung der gesellschaftlichen Chancen zwischen den Geschlechtern. Und dieses Thema spielt, wie die streitbare Publizistin in ihren zahlreichen Veröffentlichungen (nicht zuletzt in »ihrer« Emma) immer wieder überzeugend darlegt, in sämtliche Bereiche unserer Lebens- und Arbeitswelt hinein: Wenn wir darüber nachdenken, wie wir in Zukunft leben wollen, dann müssen wir zugleich auch darüber zu reden, welche Rolle wir in unserem Zukunftsmodell Männern und Frauen ganz bewusst oder implizit zuweisen und wie die Lebenschancen (und -risiken) zwischen den Geschlechtern denn eigentlich verteilt sein sollen.
Vieles, nein: Fast alles hat sich hier in den hinter uns liegenden Jahrzehnten zum Positiven verändert. Und so ist denn auch der (wenn es darauf ankommt aber unverändert kämpferische!) Ton der Frauenrechtlerin insgesamt schon sehr viel milder geworden. Wie unverzichtbar es trotzdem bleibt, die gesellschaftliche Entwicklung mit einer gehörigen Portion feministischen Argwohns zu verfolgen, beweist jeder einzelne der hier versammelten, nicht nur für Frauen ausgesprochen lesenswerten Essays.
Sehr deutlich Stellung bezieht Alice Schwarzer unter anderem gegen die himmelschreiende Ungleichbehandlung von Mann und Frau »im Namen des Propheten« und warnt eindringlich und mit guten Argumenten vor einer »falschen Toleranz«, die unseren mühsam genug errungenen gesellschaftlichen Konsens über die grundsätzliche Rechtsgleichheit von Mann und Frau zur Disposition stellen würde. In gewohnter Strenge wettert sie auch gegen Pornographie und fordert einmal mehr, den Sexismus nicht weniger ernst zu nehmen als den Rassismus.
Dass Alice Schwarzer auch sanfte Töne anschlagen kann, und das auch gegenüber Männern, beweist sie in dem Kapitel, das mit dem Vorurteil »Das Kind braucht die Mutter« aufräumt: Geradezu zärtlich erinnert sie sich darin an den im Gegensatz zu ihrer Mutter und ihrer Großmutter zur »Mütterlichkeit« begabten Großvater. Kurzum: »Die Antwort« ist ein sehr viel facettenreicheres Buch, als der vordergründig eindimensionale Titel vielleicht erwarten lassen könnte.
(Literaturanzeiger, Amazon)
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