Mithat Bey lebt im 4 Stock des Emniyet Mietshauses in Istanbul und hat es geschafft, allen Bedrohungen zum Trotz, seine Sammlung, an der er seit Jahren arbeitet und die ihm nur noch wenig Platz in seiner Wohnung lässt, zu verteidigen. Auf der Suche nach weiteren Teilen für seine Sammlung landet er in allen Teilen Istanbuls. Für ihn ist Istanbul so unbegrenzt wie seine Sammlung.
Ganz im Gegensatz zu Ali, dessen Istanbul nur aus seinem Wohnblock besteht. Ali kommt vom Land und arbeitet nun als Hausmeister. Als seine Tochter wegen der feuchten Hausmeisterwohnung Astma bekommt, schickt Ali seine Familie zurück aufs Dorf, bis sich die Lage bessert. Aus Angst vor einem Erdbeben, oder auch nur um eine bessere Wohnung zu bekommen, stimmen die anderen Mieter des Hauses einem Abriss und Wiederaufbau zu.
Ali droht der Verlust seines Jobs und damit die Unterstutzung für seine Familie und für Mithat Bey beginnt der große Kampf um seine Sammlung. Nun ist das Haus, das gemeinsame Schicksal der beiden Männer, die alleine leben.
Mit dem sensiblen Portrait zweier allein stehender Männer, dem 83-jährigen Sammler Mithat und dem jungen Hausmeister Ali, gelingt es Pelin Esmer, ihrer Heimatstadt Istanbul eine liebevolle wie kritische Referenz zu erweisen. Der mehrfach preisgekrönte Spielfilm hat als Ausgangspunkt eines der gesichtslosen Hochhäuser, das vordergründig aus Angst vor Erdbeben abgerissen werden soll, um profitableren Objekten Platz zu machen.
In den beiden Protagonisten, die als letzte in dem leer stehenden Haus verbleiben, spiegeln sich nicht nur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wieder, sondern auch der Kosmos eines Intellektuellen und Arbeiters. Wie der alte widerständige Mithat es schafft, dem angepassten und nun arbeitslosen jungen Mann neue Perspektiven aufzuzeigen, und wie es dem pragmatisch denkenden und mitfühlenden Ali gelingt, dem körperlich schwachen, auf Hilfe angewiesenen alten Mann verantwortungsvoll beizustehen, das ist ein stilles, aber eindringliches Plädoyer für Toleranz.
In den Blicken und Begegnungen – und das ist das großartige Verdienst des Debütfilms »10 vor 11« von Pelin Esmer – transzendiert sich der mühevolle Alltag zu einer hoffnungsvollen Aussage für die Zukunft.
(Peripher Filmverleih)
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