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»Ja, das grenzenloseste aller Abenteuer der Kindheit, das war das Leseabenteuer. Für mich begann es, als ich zum ersten mal ein eigenes Buch bekam und mich da hineinschnupperte. In diesem Augenblick erwachte mein Lesehunger, und ein besseres Geschenk hat das Leben mir nicht beschert.« (Astrid Lindgren)
Eigentlich heißt Madita Margareta, aber als sie noch klein war, nannte sie sich selbst Madita. Und obwohl sie jetzt schon fast sieben Jahre alt ist, heißt sie immer noch so. Nur wenn sie etwas angestellt hat, wird sie Margareta genannt. Und das geschieht ziemlich oft – denn Madita, ihre kleine Schwester Lisabet und ihre Freunde Abbe und Mia haben den Kopf voller verrückter Ideen! (Oetinger Verlag)
Astrid Lindgren wurde am 14. November 1907 als Astrid Anna Emilia Ericsson auf dem Hof Näs nahe der Kleinstadt Vimmerby in Småland geboren. Mit ihren drei Geschwistern Gunnar (1906-1974), Stina (1911-2002) und Ingegerd (1916-1997) verlebte sie eine glückliche Kindheit auf dem Bauernhof ihrer Eltern Hanna und Samuel August Ericsson.
Nach ihrem Schulabschluss 1924 begann sie ein Volontariat bei der Tageszeitung »Vimmerby Tidningen«. Während dieser Ausbildung wurde sie, 18 Jahre jung und unverheiratet, schwanger – zur damaligen Zeit ein Skandal. Trotzdem weigerte sie sich, den Vater des Kindes, den Chefredakteur der Zeitung, zu heiraten, und zog daraufhin nach Stockholm. Eine Zeit der Einsamkeit brach für sie an. Ihren Sohn Lars gebar sie, wie viele Schwedinnen es in ähnlicher Situation taten, in einer Kopenhagener Klinik, die keine offiziellen Meldungen über Geburten weitergab. In den nächsten drei Jahren wuchs der Junge in einer dänischen Pflegefamilie auf, während sie selbst eine Ausbildung zur Sekretärin absolvierte.
In diesem Beruf trat sie 1928 eine Stellung im »Königlichen Automobilclub« an, wo sie ihren zukünftigen Ehemann, den späteren Direktor Sture Lindgren kennenlernte. Kurz bevor die beiden 1931 heirateten, holte Astrid Lindgren ihren Sohn Lasse zu sich nach Stockholm, der zuvor ein Jahr bei ihren Eltern in Näs gelebt hatte. Nach der Hochzeit zog die kleine Familie in die Vulcanusgatan mit Ausblick auf den Vasapark in Stockholm, wo am 21. Mai 1934 ihre Tochter Karin die Familie vervollständigte. Nach der Geburt ihrer Tochter blieb Astrid Lindgren zunächst einige Jahre zu Hause, bis sie 1937 als Stenografin eines Kriminologen wieder in das Berufsleben einstieg. Das dort erworbene Fachwissen brachte sie später, ab 1946, in die drei Detektiv-Romane über Kalle Blomquist ein.
Astrid Lindgrens erstes Buch entstand jedoch schon viel früher. Als ihre Tochter Karin 1941 einmal krank zu Bett lag, bat sie ihre Mutter, sie solle ihr von »Pippi Langstrumpf« erzählen, einem außergewöhnlichen Mädchen, dessen Namen sich Karin spontan ausgedacht hatte. Weitere drei Jahre sollten vergehen, bis Astrid Lindgren das Manuskript zu diesen Geschichten fertiggestellt hatte und 1944 dem ersten Verlag, dem Bonniers Verlag, anbot.
Und prompt kam es zurück. Jahre später gab der dafür verantwortliche Verleger zu: »Ich hatte selbst kleine Kinder und stellte mir mit Entsetzen vor, was passieren würde, wenn sie sich dieses Mädchen zum Vorbild nähmen.« Die Autorin hatte jedoch ihren Spaß am Schreiben entdeckt und beteiligte sich gleich darauf mit ihrem nächsten Buch am Wettbewerb des Verlages »Rabén & Sjögren« und erhielt den zweiten Preis. Daraufhin versuchte Astrid Lindgren bei diesem Verlag ihr Glück mit »Pippi Langstrumpf«, bekam den ersten Preis eines erneut ausgeschriebenen Wettbewerbs und erreichte im Nu eine immense Leserschaft. Es folgten weitere Preise sowie eine Anstellung als Lektorin im Kinderbuchbereich, den sie bis 1970 leitete.
In Deutschland erschien das Buch »Pippi Langstrumpf« erstmals 1949 und bildete den Anfang und Durchbruch des Kinderbuchprogramms des Verlags Friedrich Oetinger. In den darauffolgenden Jahren entstand eine besondere Freundschaft zwischen dem Verlegerpaar Friedrich und Heidi Oetinger und der Schriftstellerin, die ihre gesamten Werke in Deutschland über den Hamburger Verlag verbreiten ließ.
Dazu gehören Bücher wie die über die Bullerbü-Kinder, Michel und Madita, die das idyllische Leben ihrer schwedischen Kindheit beschreiben, aber auch Geschichten mit gewagten Themen wie Tod und Sterben. »Die Brüder Löwenherz« zum Beispiel lösten nach Erscheinen eine große Diskussion über die Angemessenheit dieses Themas für Kinderbücher aus. Nichtsdestotrotz feierten gerade dieses Buch und auch seine Verfilmung besonders bei den Kindern große Erfolge.
Mittlerweile sind mehr als 90 Bücher von Astrid Lindgren erschienen und weltweit in mehr als 92 Sprachen übersetzt worden, und 2007 werden es noch mehr werden. Für ihr Werk erhielt sie im Laufe der Zeit unzählige Preise, unter anderem den Alternativen Nobelpreis, den Deutschen Jugendbuchpreis (heute: Jugendliteraturpreis), den »UNESCO Book Award«, die »Große Goldmedaille der Schwedischen Akademie« und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Darüber hinaus wurde sie, basierend auf einer Volksumfrage, von der Tageszeitung Aftonbladet zur »Schwedin des Jahrhunderts« gekürt.
Neben ihrer Tätigkeit als Autorin und Lektorin engagierte sie sich intensiv für die Rechte der Kinder, Gewaltlosigkeit und den Tierschutz. So schrieb sie über eine neue Steuergesetzgebung der Sozialdemokraten als literarischen Protest das Märchen »Pomperipossa in Monismanien«. Damit trug sie 1976 maßgeblich, nach 40 Jahren Macht, zur Abwahl der sozialdemokratischen Regierung bei. Auch 1985 führte ihr großer Einsatz zum Erfolg: Nach heftigen Debatten wurde in Schweden ein neues Tierschutzgesetz verabschiedet.
Mit ihrem Alters- und Abschlusswerk »Ronja Räubertochter«, das 1981 in Schweden erschien, beendete Astrid Lindgren ihre aktive Karriere als Schriftstellerin. Ihren Lebensabend verbrachte sie in ihrer Wohnung in der Dalagatan 46 im Vasaviertel in Stockholm, wo sie seit 1941 lebte und am 28. Januar 2002 verstarb. Heute trägt ihr Wohnhaus das Hinweisschild: »Astrid Lindgrens Hem 1941-2002«.
(Renate Kusche, Oetinger Verlag)
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