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Im prüden England Anfang der 1960er-Jahre erwarten Edward und Florence ihre Hochzeitsnacht mit einer Mischung aus Begierde und Befangenheit, Anziehung und Angst: Atmosphärisch, präzise, in brillanter Sprache und voller Gefühl schildert Ian McEwan in seinem Roman »Am Strand« die Hochzeitsnacht eines Paares im prüden England Mitte des letzten Jahrhunderts – und die Folgen ... (buchreport.de)
Juli 1962. Edward und Florence sitzen, frisch verheiratet, in ihrer Flitterwochensuite am Strand von Chesil Beach und essen zu Abend. Beide können nicht verbergen, wie nervös sie der Gedanke an die nahende Hochzeitsnacht macht. Noch ist nicht die Epoche, in der man offen über Sex spricht ... Jene Nacht aber wird das Leben der Liebenden verändern, wird sie einander so nah bringen und so fremd werden lassen, wie sie sich das nie vorgestellt hatten. In »Am Strand« erzählt Ian McEwan abermals von einem Ereignis, nach dem nichts mehr ist, wie es war. In brillanter Sprache, temporeich, atmosphärisch, unerbittlich präzise und gleichzeitig voller Gefühl schildert er eine Schicksalsnacht – und ihre Vor- und Nachgeschichte. (Diogenes Verlag)
Das Schlimmste am Heiraten ist die Hochzeitsnacht. Zumindest für Edward und Florence, 1962 im prüden England. Begierde und Befangenheit, Anziehung und Angst sind miteinander im Widerstreit in der Hochzeitssuite mit Blick aufs Meer. Die Nacht verändert das Schicksal der Liebenden für immer. (Amazon)
Ian McEwan aus London ist ein Erzählmeister der alten Schule, dem selbst für das Alltägliche noch Bilder gelingen, die überraschen. Das stellt ihn in eine Reihe mit Julien Green, der ein ebenso stringenter wie knapper, metaphorisch frischer Erzähler und – wie McEwan – schon zu Lebzeiten ein Klassiker war.
Für alle, die es nicht glauben wollen (oder es erst noch entdecken müssen), sei beispielhaft eine kurze Passage aus McEwans Roman »Am Strand« zitiert. Er handelt von dem frisch verheirateten Traumpaar Edward und Florence, die in den Flitterwochen 1962 an den Strand von Chesil Beach gekommen sind, um die Ehe zu vollziehen. Es ist jene Stelle, in der Edward seiner von Ekel geschüttelte Florence einen Zungenkuss abzuringen sucht – und letztendlich klar wird, dass der körperliche Widerwillen der jungen Frau gegenüber ihrem Mann die Beziehung auf eine harte Probe stellt.
»Kaum küssten sie sich, spürte sie seine pralle, harte Zunge, die sich forsch zwischen ihre Zähne schob. In sie eindrang«, heißt es dort. »Die Lippen fest auf ihre gepresst, tastete er sich über den fleischigen Boden ihrer Mundhöhle und fuhr die Zahninnenseite ihres Unterkiefers entlang bis zu jenem Loch, in dem vor drei Jahren noch ein schiefer Weisheitszahn gewachsen war ... Jetzt war er unter ihrer Zunge, presste sie ans Gaumendach, dann war er darüber, presste sie nach unten, gleich darauf umspielte er die Ränder und wanderte rundherum, als schürze er einen Knoten.« Das Ende der Ehe ist in dieser klinischen Beschreibung einer oralen Vergewaltigung schon mit eingeschrieben.
Dann macht Florence Edward ein unmoralisches Angebot. Noch in den Flitterwochen trennt sich der Mann daraufhin von seiner großen Liebe. In einem kurzen, desillusionierenden Nachspann macht McEwan klar, dass dies aus mehreren Gründen die falsche Entscheidung war. »Am Strand« braucht nicht mal zehn abschließende Seiten, um anhand von Edwards weiterem Lebenslauf das ganze tragische Ausmaß dieser banalen Katastrophe aufzuzeigen. Auch das ist meisterlich gemacht, mit keinem Wort zu viel. Besser, klüger und schöner kann man wohl nicht erzählen.
(Thomas Köster, Literaturanzeiger)
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