|
|
Kinder, waren das Zeiten! »Warten auf die Beinhaare« ist eine Zeitreise auf der Sesamstraße ins Schullandheim, vom Kleinstadtrand zur Kirchenfreizeit – und weiter ohne Führerschein zu La Boum, der ersten Fete. Die Stationen sind bekannt, die Folgen auch: Aus Klingelstreich wird Flaschendrehen, wird Schlimmeres. Mit Humor, Herz und Verstand erzählt Marcus Werner von fluguntüchtigen Wellensittichen, Eltern, Mädchen und anderen Jugendsorgen. Zeitlos komisch – die schönsten und peinlichsten Momente eines Teenagers in den 80er-Jahren. Pubertieren kann so grausam sein ... Zum Glück. Weil schlimmer meistens auch lustiger ist! (rororo Verlag)
Ich sage es, wie es ist: Ich bereue keine einzige Jugendsünde. Eher schon grämt mich, dass ich überhaupt nie eine nennenswerte begangen habe zumindest keine, die heute für eine nette Anekdote herhalten könnte. Dabei stand ich häufiger kurz davor. Ein gutes Beispiel ist die Schwarzwald-Klassenfahrt in der Achten, als die Neue in unserer Klasse, die Sandra, sich bei uns Jungs beliebt machen wollte. Die neue Sandra ließ sich während unserer Exkursion an den Baggersee überreden, im ufernahen Unterholz jedem der Reihe nach einen Blick in ihren Badeanzug zu gewähren. Währenddessen aß ich gerade nichts ahnend mit meinem Kumpel Jöckl ein Eis.
Nach unserer Rückkehr bemerkten wir die freudige Unruhe unter unseren Kameraden. Alle tuschelten aufgeregt und waren irgendwie ganz aus dem Häuschen. Als wir erfuhren, was wir aus reiner Fressgier verpasst hatten, beschlossen wir, Sandra unter sechs Augen zu sprechen und ihr den denkbar unglücklichen Grund für unser Versäumnis zu erläutern. Wir versprachen Diskretion und stellten ihr ehrliche Freundschaft in Aussicht. Doch unser Plan, einen individuellen Nachholtermin für die Aktion zu vereinbaren, scheiterte an Sandras plötzlicher Frigidität. Vielleicht hatten ihr auch ihre artigen Freundinnen ins Gewissen geredet. Zumindest sagte Sandra: »So einen kindischen Scheiß mache ich nicht mehr.« Einige Jahre zuvor es war mein zehnter Geburtstag wollte ich meine Partygesellschaft mit einem besonders spektakulären Programm unterhalten. Nach Bananenkuchen und Limo schwatzte ich meinen Freunden auf: »Lasst uns Klingelstreich spielen. Aber heute mal die richtig große Nummer. Die ganze Nachbarschaft soll sich ärgern.«
Der Gag dabei: Nachdem wir bei den Leuten an der Haustür geklingelt hätten, würden wir einfach stehen bleiben. Öffnete sich dann die Tür, würden wir den verdutzten Nachbarn zurufen: »Oh, wir haben vergessen wegzulaufen.« Was wir dann aber schleunigst nachholen würden. Das versprach Originalität und Nervenkitzel. Bei dem älteren, kinderlosen Ehepaar Steiger versuchten Katja und Uta als Erste ihr Glück. Sie klingelten und warteten. Dann flog die Tür auf, Katja rief voller Begeisterung: »Oh, wir haben vergessen wegzulaufen«, Herr Steiger packte Uta blitzschnell am Handgelenk, Katja rannte davon, und Uta schrie: »Hilfe.« »Dich behalte ich als Pfand«, brummte Herr Steiger. Dann zerrte er Uta ins Haus und donnerte die Tür ins Schloss. Katja begann zu heulen, und wir klingelten erneut. Durch die verschlossene Tür höhnte Herr Steiger: »Die Eltern können sie hier abholen.
Damit die mal mitkriegen, was die Göre nach der Schule mit ihren missratenen Freunden so treibt.« Meine Eltern, die wir sofort holten, konnten Utas Eltern telefonisch nicht erreichen und riefen stattdessen die Polizei, die meine Geburtstagsgeisel nach halbstündiger Haft endlich befreite. Danach war natürlich die Stimmung am Boden, und Uta und Katja wollten sofort nach Hause. Mein Streich war kläglich gescheitert. Und dabei war es der schlimmste überhaupt gewesen. Da mir aus diesen Gründen keine spektakulären Geschichten zu meiner Kindheit und Jugend einfallen wollten, erfasste mich kürzlich panische Angst. Eigentlich hätte ich schrecklich gerne ein ganzes Buch über derartige Erlebnisse geschrieben. Aber womit sollte ich die vielen weißen Seiten füllen? Einen kurzen Moment lang überlegte ich, auf Schriftgröße 54 zu wechseln, verwarf den Gedanken aber direkt nach einem kurzen Telefonat mit dem Verlag ...
(rororo Verlag)
Marcus Werner, geboren 1974, erlebte seine irgendwie überhaupt nicht verrückte Jugend im ostfriesischen Aurich und im Schwarzwald. Heute präsentiert der studierte Jurist als Moderator und Autor Wissenswertes im Kinder- und Jugendfernsehen. »Warten auf die Beinhaare« ist sein erstes Buch. (rororo Verlag)
» Amazon-Direktlinks: Alle Infos zu
Marcus Werner und
Warten auf die Beinhaare
bei Amazon.de ansehen.
|