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»Das, was uns alle eint, ist vielleicht etwas, das es eigentlich gar nicht geben dürfte: Fremde zu sein in der eigenen Zeit, Waisen des Lebens, ausgesetzt auf den Klippen eines Ufers, das uns nicht haben will.«
Frankfurt am Main im Jahr 1800. Aus den Wirren des Krieges schält sich langsam ein neues Zeitalter heraus. Eine seltsame Unruhe erfüllt die Menschen, niemand ist gerne an seinem Ort. Die junge Annie verkleidet sich als Mann und zieht gegen die Tyrannen dieser Erde zu Felde. Ihre Freundin Carola sehnt sich nach einem Ausbruch aus den engen Mauern ihres Damenstifts, doch die Ehe, einzige Alternative zu ihrem Leben, erscheint ihr auch als Gefängnis.
Lina, ihre Schwester, erschafft sich in ihren Gedichten eine eigene geistige Welt, verlässt diese aber, als sie den Südseereisenden Antoine kennen lernt. Und Jonathan, der Bruder der beiden, hält es in Frankfurt nicht aus ohne seine unnahbare Frau Eleonore, die die Ehe mit ihm nur unter der Bedingung eingegangen ist, dass er sie jeweils für das Winterhalbjahr freigibt.
In Briefen, Tagebuchaufzeichnungen und Gesprächen tasten die Personen dieses Romans sich an ihre Grenzen heran und erträumen oder erleiden deren Überschreitung.
(Verlag LiteraturPlanet)
Der Roman »Waisen des Lebens« Tina Reuter von erzählt die eng miteinander verbundenen Schicksale mehrerer Personen im Herbst/Winter 1800. Ausgangspunkt aller Geschichten ist Frankfurt am Main.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen die folgenden Personen:
• Die junge, verarmte Adlige Carola ist nach dem Tod ihrer Eltern in ein Damenstift eingetreten. Sie verliebt sich in den Heidelberger Universitätsprofessor Friedrich Heller. Dieser erwidert ihre Liebe auch, doch konkurriert Carola um ihn mit ihrer Freundin Philippine.
• Carolas Schwester Lina leidet an Tuberkulose. Ihre Hauptbeschäftigung ist das Schreiben von Gedichten. Als sie den französischen Besatzungsoffizier Antoine kennen lernt, flammt ihr Lebenswille noch einmal neu auf. Antoine war vor seinem Eintritt in die Armee zur See gefahren und erzählt Lina und Carola von seinem Leben bei einem Südseevolk.
• Carolas Bruder Jonathan verliebt sich unglücklich in die Bacharacher Wirtstochter Eleonore. Diese willigt nur unter der Bedingung in die Hochzeit mit ihm ein, dass er sie jeweils für das Winterhalbjahr freigibt. Nachdem er dies im ersten Jahr noch ertragen hat, reist er ihr beim zweiten Mal unter einem Vorwand hinterher. Je länger seine erfolglose Suche andauert, desto mehr nimmt das reale Bacharach die Züge einer Traumlandschaft an, in der er sich immer hoffnungsloser verirrt.
• Carolas Freundin Annie möchte das Unrecht, das sie in den französischen Besatzern verkörpert sieht, besiegen. Sie verkleidet sich deshalb als Mann und tritt in die österreichische Armee ein. Nachdem sie anfangs noch fest davon überzeugt ist, auf diese Weise die Tyrannei bekämpfen zu können, kommen ihr mehr und mehr Zweifel, als ihre Einheit in den Krieg einrückt. Verstärkt werden diese Zweifel durch Gespräche mit dem steirischen Rekruten Sepp, der anders als sie zum Dienst bei der Armee gezwungen worden ist und zu dem sie sich stark hingezogen fühlt.
Erzählt wird die Handlung im Wesentlichen von Carola, die im Stift angefangen hat, Tagebuch zu schreiben. Sie erhält jedoch regelmäßig Briefe von Jonathan und Annie, in denen diese selbst über den Fortgang ihrer Abenteuer berichten. Dadurch soll eine gewisse ‘Mehrstimmigkeit’ erzielt werden: Dem reflexiven Schreibstil Carolas steht die sprunghaft-anekdotische Erzählweise Annies gegenüber. Diese kontrastiert wiederum mit der zwischen Traumhaftigkeit und Umnachtung schwankenden Ausdrucksweise Jonathans.
Der Roman ist in drei Teile untergliedert, die von einem Vorwort und einem Epilog umrahmt werden. Das Vorwort berichtet davon, wie der Herausgeberin des Manuskripts dieses auf einem Flohmarkt in die Hände gefallen ist. Teil 1 bis 3 folgen im Aufbau dem klassischen Drama: Auf die Einführung in Handlung und Charaktere folgt im zweiten Teil eine zunehmende Verwicklung und schließlich die Zuspitzung der Handlung in Teil 3. Dabei werden die einzelnen Erzählstränge im Sinne einer Engführung immer stärker aufeinander bezogen. Der Epilog dient dem Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der einzelnen Personen.
Die geistige Welt der Romantik wird in dem Roman mit den geschichtlichen Ereignissen verbunden, vor deren Hintergrund sich diese Welt entfaltet hat. Die innere Zerrissenheit der Protagonisten und ihre Sehnsucht nach dem Unerreichbaren werden so auf die geschichtsmächtig werdenden Utopien der Französischen Revolution und die Realität des Krieges bezogen. Beides wird sowohl durch die Kontrastierung miteinander als auch durch zusätzliche Handlungselemente verfremdet. So greifen Antoines Erzählungen von seinem Leben bei einem Südseevolk die damalige Idealisierung des Lebens der Naturvölker im Sinne der rousseauschen Ursprünglichkeit auf, wie sie etwa in Montesquieus Lettres Persanes für eine verfremdende Beschreibung des Alltags im beginnenden Industriezeitalter genutzt worden ist. Eine weitere Verfremdungswirkung ergibt sich durch den impliziten Bezug zur Gegenwart, der durch die Konfrontation mit den damaligen Ereignissen ein Spiegel vorgehalten wird.
Die meisten Personen und Personenkonstellationen gehen auf historische oder literarische Vorbilder zurück. So spielt in die Beziehung von Jonathan und Eleonore die Lorelei-Sage mit hinein, Carola und Lina tragen Züge Karoline von Günderrodes, und in Annies Charakter sind Aspekte von Leben und Persönlichkeit Bettine von Arnims eingeflossen. Dabei geht es jedoch nicht um biographische Beschreibung, sondern um reale Anknüpfungspunkte für die Entfaltung des geistigen Kosmos der Zeit
(Verlag LiteraturPlanet)
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