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Eigentlich ist Donald ein ganz normaler einsamer, unglücklicher Teenager. Vor allem quält ihn die Frage: »Wie geht Liebe?« Aber er hat wenig Zeit – er ist krank. Was ihm bleibt, ist ein Leben im schnellen Vorlauf. Das schafft aber nur ein Superheld. Darum hat Donald einen erfunden – Miracle Man. Aber kann Miracle Man ihm helfen, oder braucht Donald ganz andere Helden? (Diogenes Verlag)
Krebstod als hippe Lebensendveranstaltung? »Superhero« folgt einem Trend der letzten Jahre, dem Unausweichlichen quasi galgenhumoristisch den Garaus zu machen. Bloß keine Betroffenheitslyrik! Krankheit und Tod als Superevent, lautet der literarische Waffengang solcher Autoren wie Kluun (»Mitten ins Gesicht«). Deren Rezeptur: Schriller Sound statt biederem Totenglöckchen. So soll dem Tod die Stirn geboten werden.
Auch bei Anthony McCartens »Superhero« Donald F. Delpe, vierzehn und leukämiekrank, wird die tödliche Bedrohung mit i-Pod-Abschottung und rotzigem Gleichmut beantwortet. Und – einem letzten Trumpf, den der geniale kleine Comiczeichner in seiner Feder hält. Seinem Actionhelden MiracleMan, der mit coolen Sprüchen und Taten das Leben meistert, das Donald entfleucht. Zisch!!! Kreisch!!!! Es funktioniert!
Wie man dem Klappentext entnimmt, ist »Superhero« bereits auf dem Weg, ein Film zu werden. Kein Wunder, der neuseeländische Stückeschreiber Anthony McCarten lieferte mit seiner Mischung aus Rollenprosa, Sprechblasenästhetik und Skriptanweisungen die perfekte Vorlage. Als Folie für Dons Leben, das zu enden droht, bevor es recht begonnen hat, dient die trostlose Arbeiterstadt Watford bei London. Eltern, Bruder, Freunde, sie alle erreichen den sperrigen Kranken längst nicht mehr. In den Therapiephasen zwischen Strahlenbombardements und hektoliterweise Chemococktails, kifft sich Don eine bessere Welt zurecht, betätigt sich als CD-Schwarzbrenner und arbeitet wie ein Besessener am Tagebuch seines Superhelden. Ein genial verschlüsselter Comicwurf, findet auch der kunstsinnige Psychologe Dr Adrian King, die zweite Hauptfigur des Romans, der nach einem Selbstmordversuch Donalds auf den Plan tritt!
Zwischen dem renitenten Patienten und seinem etwas steifleinenen Therapeuten beginnt ein regelrechter Zweikampf um die Sinnfragen des Lebens, bei Anthony McCarten ein intelligent und giftig witziges Dialogfeuerwerk, das dem Mediziner mehr zu knabbern gibt als seinem altklugen Patienten. Am Ende klafft eine letzte quälende Leerstelle in Dons gefährdetem Leben. Die Frage nach den Geheimnissen des Sex, diesem spannenden Forschungsfeld, das er nur vom Hörensagen kennt und dem selbst die schärfste Comicfantasie nicht das nötige Fleisch verleihen kann. Hier lässt McCarten den großen Therapeuten auf unorthodoxe Weise zur Tat schreiten –, und erzielt bei aller Flapsigkeit echte Wirkungstreffer.
(Ravi Unger, Amazon)
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