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Merkwürdig ist die Neigung des Menschen, allem eine besondere Bedeutung zuzuschreiben, als geschehe nichts um seiner selbst Willen, als sei alles das Fundament oder der Spiegel des Geheimnisses oder gar das Geheimnis selbst, was auch immer das Geheimnis sein soll. Das größte Geheimnis, sage mein Freund Marko einmal, ist, dass es keine Geheimnisse gibt.
Das Leben ist nun mal eine Linie, die nur an einem Ende wächst, während das andere stets auf der Stelle verharrt, und was immer wir tun oder sagen, wir können uns ihm nicht mehr nähern.
Der mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnete serbische Autor David Albahari beweist in seinem Roman »Die Ohrfeige« ein weiteres Mal, welche Sprachmacht, welche Sprachkunst ein Autor um eine vordergründig harmlose Begebenheit zu entfalten vermag. »Die Ohrfeige« ist jedoch alles andere als Vordergrund: Der Roman ist eine hintergründige Auseinandersetzung mit den Mechanismen und Strukturen eines zerfallenden autoritären Regimes und der Frage, welche Spuren und Deformationen jahrzehntelange Unterdrückung in der menschlichen Psyche hinterlässt. Der Roman »Die Ohrfeige« ist bei alledem aber auch eine abgründige melancholische Liebeserklärung an die »Schönheit« am Wasser, die alte Stadt Belgrad und an die Menschen, die hier in einer dunklen Zeit ihr Leben fristen oder zu gestalten versuchen.
(Eichborn Verlag)
Ein nicht gedeuteter Traum ist wie ein nicht gelesener Brief ... Der Erzähler in David Albaharis Roman »Die Ohrfeige« hat viel Zeit. Einmal die Woche schreibt er eine Kolumne für eine Belgrader Zeitung, ansonsten macht er das, was viele in zerfallenden autoritären Regimen tun: Er macht sich unsichtbar. Was bleibt, sind die kleinen, täglichen Rituale, die ihn daran erinnern, dass das Leben wirklich vergeht: der morgendliche Spaziergang an die Ufer der Donau, die von Joints befeuerten philosophischen Gespräche mit Marko, seinem besten und einzigen Freund – und die langen, dunklen Nächte in seiner kleinen Wohnung, die er mit alten Vinylplatten von Cream, den Beatles und Marianne Faithfull teilt.
Den Zumutungen des Alltags begegnet er mit einer humorvollen Melancholie, die sich als stoischer Fatalismus tarnt – bis eine zufällige Beobachtung seine Neugier weckt: Ein junger Mann ohrfeigt eine junge Frau. Sein unmittelbarer Impuls, dem Übeltäter zu folgen, weicht dem Gefühl der Unsicherheit, als er einen weiteren Mann bemerkt, der ihn und die Szene gesehen hat. Kurz darauf sind beide Männer und die Frau verschwunden, und unser namenloser Erzähler versucht ein Rätsel zu lösen, das scheinbar keine Lösung hat ...
»Die Ohrfeige« – ein Roman aus dem Geist von Hitchcock? Vielleicht. Aber eher ein Literatur gewordenes Mysterium von Tarkowskij, das in einer kunstvoll monologischen Sprache davon erzählt, wie das Absurde sich des Alltäglichen bemächtigt und die Wirklichkeit zu Fall bringt.
(Eichborn Verlag)
Pressestimmen und Meinungen zu dem Buch »Die Ohrfeige« von David Albahari:
Entwurzelung und Erinnerung, Selbstbefreiung und Schuld – neben den großen Themen spricht der in Kanada lebende serbische Romancier den kollektiven seelischen -Zerfall während der Milosevic-Zeit an. Anrührend schildert er das Durchhaltevermögen der sogenannten kleinen Leute. (Wirtschaftswoche)
Der Größe der Literatur ist bei David Albahari so gut wie keine Grenze gesetzt. (Neue Zürcher Zeitung)
Brillant meistert David Albahari die universale wie paradoxe Herausforderung der Literatur: in Sprache zu verwandeln, was sich der Sprache entzieht. (Deutschlandfunk)
David Albahari versteht es meisterhaft, die einzelnen Schichten der Erinnerung freizulegen, Individuelles im Kollektiven zu suchen, Kollektives im Individuellen aufzulösen. Albahari gräbt sich durch das individuelle und das kollektive Gedächtnis, ohne zu versprechen, dass zuunterst die Wahrheit liegt. (Tagesanzeiger)
In David Albaharis Erzählungen geht es um Sprach- und Heimatlosigkeit, die Last der Erinnerung und die Einsamkeit des Menschen – Themen, die kaum ein Schriftsteller der Gegenwart so faszinierend in Worte zu fassen versteht. (Amazon)
David Albahari wurde 1948 in Serbien geboren und lebt seit 1994 in Kanada. Der Eichborn Verlag hat bisher seine Romane »Mutterland« (2001) und »Götz und Meyer« (2003) sowie den Erzählband »Fünf Wörter« (2005) veröffentlicht, die alle auf der SWR-Bestenlise standen. David Albaharis Romane sind außerdem in Frankreich, England und Holland erschienen. 2006 bekamen er und seine Übersetzer für ihr Werk den Preis »Brücke Berlin« verliehen. (Eichborn Verlag)
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