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Warum gebrauchen Frauen 20 000 Wörter am Tag, während Männer nur 7000 schaffen? Warum erinnern sie sich an Konflikte, von denen Männer meinen, es habe sie nie gegeben – und das, obwohl ihr Gehirn um 9 Prozent kleiner ist? Erstmals wurde das weibliche Gehirn erforscht. Louann Brizendine zeigt in ihrem Buch »Das weibliche Gehirn«, warum Frauen die Welt so gründlich anders sehen als Männer. (Verlag Hoffmann und Campe)
Einzig allzu offensichtliche Unterschiede zwischen Mann und Frau konnten »damals« verhindern, dass biologische Abweichungen zwischen Geschlechtern ganz in Abrede gestellt wurden. Warum am Samstagnachmittag Männerhände Autos polieren und Mütter am Sandkasten Neuigkeiten austauschen, musste mit Sozialisierungstheorien beantwortet werden. Aber das ist zum Glück vorbei. Auch wenn das Pendel nun häufig zu stark in die andere Richtung ausschlägt. Was Louann Brizendine in ihrem dicken Buch zu erzählen weiß, fasst der Amazon-Rezensent Günther Strauß bereits hervorragend zusammen. Brizendines Extrakt aus ihrer umfangreichen Quellensammlung wird das anvisierte Zielpublikum fesseln, dem Fachpublikum aber nicht viel Neues mitteilen.
Als Ordnungsmuster für die Stofffülle wählt die Autorin den weiblichen Lebenslauf. So erfahren wir, wie das XX-Gehirn geboren wird, warum junge Mädchen zicken und nur ans Aussehen denken, wie die Chemie Liebe, Vertrauen und Sex steuert, welche Veränderungen zum Muttergehirn führen, wie die weibliche Gefühlswelt zu aussieht und was das neuronale Netzwerk der reifen Frau auszeichnet. Inhaltsverzeichnis mit Unterkapiteln und Register helfen den Leserinnen bei der Orientierung, die wegen der kompakten Schreibweise nicht immer einfach ist. Patientengeschichten, Erläuterungen und wissenschaftliche Exkurse verweben sich zu einem Text, der ein gewisses Durchhaltevermögen erfordert.
Dachte ich zu Beginn der Lektüre noch, das sei ein klares Fünf-Sterne-Buch, verflog die Euphorie etwas, als die Mischung zwischen populärwissenschaftlichem Werk, wissenschaftlichem Summary und Werbemittel für Brizendines Hormonklinik zunehmend anstrengender wurde. So richtig störend finde ich allerdings nur, dass die Wissenschaftswelt der Autorin an den Grenzen der englischen Sprache aufhört. Das ist bei diesem Buch besonders ärgerlich, weil viele Europäer zu den führenden Neurowissenschaftlern gehören. Über Spiegelneuronen zu schreiben und in einem 50-seitigen Literaturverzeichnis Giacomo Rizzolatti nicht zu erwähnen, ist mehr als eine Unterlassungssünde. Dagegen sind nicht auffindbare Anmerkungen geradezu ein Klacks.
Mein Fazit: Ein überaus interessantes Buch über die neurologischen Unterschiede von Frau und Mann, das zwar primär für Frauen geschrieben wurde, Männern jedoch ebenfalls zur Lektüre empfohlen werden kann. Ein gewisses Durchhaltevermögen und minimale Lust an Fachtermini werden vorausgesetzt.
(Dr. Werner Fuchs, Amazon)
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Das weibliche Gehirn – Warum Frauen anders sind als Männer
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